Was Arbeitgeber:innen gegen Zukunftsängste tun können

Team-ThemenWeiterbildung
Ein Plädoyer für Sicherheit und Zugehörigkeit (Foto: RDNE Stock project, pexels.com)
In wirtschaftlich und gesellschaftlich unsicheren Zeiten rückt ein Thema in den Mittelpunkt, das lange unterschätzt wurde: das psychische Wohlbefinden von Mitarbeitenden.

Zukunftsängste – ob ausgelöst durch Krisen, Umstrukturierungen oder persönliche Unsicherheit – sind längst kein individuelles Problem mehr. Sie betreffen ganze Teams und stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen.

Das Problem: Isolation am Arbeitsplatz

Eine alarmierende Studie der Compass Group zeigt: Fast 30 Prozent der Beschäftigten fühlen sich einsam und isoliert am Arbeitsplatz. Diese Zahl verweist auf ein tiefgreifendes Problem – und auf ein strukturelles Versäumnis. Denn Isolation, fehlende Zugehörigkeit und das Gefühl, mit den eigenen Sorgen allein zu sein, schwächen nicht nur die Resilienz des Einzelnen. Sie gefährden auch das Miteinander, die Motivation und letztlich den unternehmerischen Erfolg.

Gerade in Zeiten des Wandels brauchen Menschen Orientierung, Sicherheit und das Gefühl, gesehen zu werden. Und genau hier beginnt die Verantwortung von Führungskräften und Arbeitgeber:innen.

Moderne Führung: empathisch, zugewandt, resilient

Führungskräfte prägen die Unternehmenskultur – im Guten wie im Schlechten. Ihre mentale Widerstandskraft, ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion und ihr Umgang mit Krisen wirken sich direkt auf die Teams aus.

Klassisch-hierarchische Führungsstile stoßen dabei zunehmend an ihre Grenzen. Gefragt sind heute Persönlichkeiten, die mit emotionaler Intelligenz führen, zuhören können und echtes Interesse für ihre Mitarbeitenden zeigen. Gezielt geschulte Führungskräfte sind hier klar im Vorteil, ebenso wichtig ist der regelmäßige Kontakt zur Belegschaft.

Das Instrument: Positive Psychologie

Die Positive Psychologie bietet als wissenschaftliche Disziplin wertvolle Ansätze für moderne Führung. Sie fragt nicht: „Was läuft falsch?“ – sondern: „Was macht uns stark und zufrieden?“ Und sie zeigt, wie Führungskräfte die Resilienz ihrer Teams nachhaltig stärken können.

Das PERMA-Modell beschreibt dabei die fünf zentralen Säulen für Wohlbefinden und mentale Stärke:

  1. Positive Emotionen: Freude, Dankbarkeit und Optimismus im Alltag stärken
  2. Engagement: Mitarbeitende ihren Stärken entsprechend einsetzen und Flow-Erlebnisse ermöglichen
  3. Relationships (Beziehungen): Verlässliche, unterstützende Beziehungen im Team fördern
  4. Meaning (Sinnhaftigkeit): Arbeit mit Bedeutung aufladen – im Großen wie im Kleinen
  5. Accomplishment (Erfolg): Erfolge sichtbar machen und gemeinsam feiern

Führungskräfte, die diese Prinzipien leben, gestalten nicht nur eine resilientere Organisation – sie stärken auch das Vertrauen und die emotionale Bindung ihrer Mitarbeitenden.

Sicherheit entsteht durch Kommunikation – und echtes Zuhören

Sicherheit lässt sich nicht anordnen. Sie entsteht dort, wo Kommunikation transparent ist, Entscheidungen nachvollziehbar sind und Sorgen einen angemessenen Raum bekommen.

Das bedeutet konkret:

  • regelmäßige Updates zur Unternehmenssituation über verschiedene Kanäle;
  • klare Aussagen auch in Krisenzeiten, um Spekulationen vorzubeugen;
  • Einbindung der Mitarbeitenden in Veränderungsprozesse;
  • echte Mitarbeitergespräche, die mehr sind als Feedbackrunden.

Wer aktiv zuhört, öffnet einen Raum für Vertrauen. Mitarbeitende, die sich gesehen und ernst genommen fühlen, bleiben eher im Unternehmen – und bringen sich mit mehr Energie ein.

Psychisches Wohlbefinden braucht Strukturen

Ein ganzheitlicher Ansatz berücksichtigt verschiedene Ebenen. Unternehmen, die Zukunftsängste ernst nehmen, setzen auf:

  • professionelle Unterstützungsangebote wie psychologische Beratung oder Coachings;
  • Workshops zu Achtsamkeit, Stressbewältigung und Resilienz;
  • flexible Arbeitsmodelle, die Überforderung entgegenwirken;
  • realistische Anforderungen, auch in Hochphasen.

Zukunftsorientierung braucht Entwicklung

Individuelle Karrierepläne bieten Mitarbeitenden Orientierung und Perspektiven. Auch Weiterbildungen geben mehr Halt, beispielsweise zu Zukunftsthemen wie Digitalisierung oder Change-Management. Zusätzlich dienen Mentoring- und Coaching- Programme zur Etablierung und Erweiterung des eigenen Netzwerks.

Kultur schaffen, die trägt

Eine starke Unternehmenskultur zeigt sich nicht auf Folien, sondern im Alltag. Dazu gehört die Anerkennung von Leistung – ehrlich, sichtbar und individuell.

Die Gemeinschaft wird durch Team-Events, Austauschformate und soziale Angebote gestärkt, gemeinsame Erfolge werden gemeinsam gefeiert.

Auch Nachhaltigkeit, Familienfreundlichkeit oder gesellschaftliches Engagement im Unternehmen unterstützen die Teamkultur, indem sie Sinn stiften und dadurch die Zufriedenheit steigern.

Arbeitsplatzsicherheit vermitteln

Wo immer es möglich ist, sollten Klarheit, Verbindlichkeit und eindeutige Zusicherungen herrschen. Um ein sicheres Gefühl zu vermitteln, werden realistische Perspektiven aufgezeigt, auch in Umbruchzeiten.

Außerdem sollten Arbeitszeit, Arbeitsort und berufliche Aufgaben möglichst  flexibel bleiben.

Zukunftsängste als Impuls für Wandel

Statt Unsicherheit zu ignorieren, können Unternehmen sie zum Ausgangspunkt für Veränderung machen. Wer offen über Sorgen spricht, nimmt sie ernst – und schafft gemeinsam mit den Mitarbeitenden tragfähige Lösungen. Offene Gesprächsformate – einzeln oder in Gruppen –, strukturierte Feedbackprozesse und regelmäßige Evaluation sind hier entscheidend.

Unterstützung bieten auch Workshops zum konstruktiven Umgang mit Unsicherheit, zusätzlich können Arbeitsplatzbegehungen organisiert und Sicherheitsbeauftragte eingesetzt werden.

Fazit

In einer Arbeitswelt, in der sich fast ein Drittel der Beschäftigten einsam und psychisch belastet fühlt, ist effektives Gegensteuern die Pflicht verantwortungsvoller Arbeitgeber:innen. Und zwar nicht mit symbolischen Maßnahmen, sondern mit einem echten Kulturwandel: empathisch, strukturiert und gemeinsam mit den Menschen im Unternehmen.

Das ist nicht nur ethisch geboten, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Denn nur wer sich sicher, wertgeschätzt und zugehörig fühlt, kann sein volles Potenzial entfalten – und zuversichtlich in die Zukunft blicken!

Quellen

Es folgen einige Studien und Berichte mit Fokus auf Deutschland, die das Problem der psychischen Belastung, des Mangels an sozialer Unterstützung und verwandter Themen am Arbeitsplatz belegen. Direkte, breit angelegte Studien, die explizit „Einsamkeit am Arbeitsplatz“ in Deutschland messen (wie der Cigna Index in den USA), sind etwas seltener, aber die folgenden Quellen beleuchten das Problemfeld umfassend.

Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

  • Befund: Die BAuA veröffentlicht regelmäßig den Stressreport Deutschland. Die Berichte (z. B. 2019/20) zeigen konstant, dass soziale Faktoren eine wichtige Rolle bei psychischer Belastung spielen. Mangelnde soziale Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kolleg:innen wird häufig als Belastungsfaktor genannt. Zwar wird nicht explizit „Einsamkeit“ gemessen, aber der Mangel an sozialen Ressourcen und gutem Teamklima, der zu Isolation führen kann, ist ein klares Thema. Der Bericht 2022 zur mentalen Gesundheit in der Arbeitswelt weist ebenfalls auf die Bedeutung sozialer Unterstützung hin.
  • Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); regelmäßig, z. B. 2020; Stressreport Deutschland. / BAuA (2022). Mentale Gesundheit in der Arbeitswelt. (verfügbar auf der BAuA-Website)

 

Gesundheitsreporte der Krankenkassen (z. B. DAK, TK, AOK)

  • Befund: Die jährlichen Gesundheitsreporte der großen Krankenkassen zeigen seit Jahren einen Anstieg der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen (wie Depressionen, Angststörungen). Der DAK-Gesundheitsreport 2023 meldete erneut einen Höchststand bei psychisch bedingten Krankschreibungen. Diese Erkrankungen können durch Arbeitsplatzfaktoren wie hohen Druck, aber auch durch soziale Isolation und mangelnde Wertschätzung mitverursacht oder verstärkt werden. Der TK-Gesundheitsreport betont ebenfalls oft die Zunahme psychischer Belastungen.
  • Quellen: z. B. DAK-Gesundheit (jährlich). DAK-Gesundheitsreport. / Techniker Krankenkasse (TK) (jährlich). TK-Gesundheitsreport. / AOK Bundesverband (jährlich). AOK-Fehlzeiten-Report. (verfügbar auf den Webseiten der jeweiligen Krankenkasse)

 

Gallup Engagement Index (Deutschland)

  • Befund: Gallup erhebt auch für Deutschland regelmäßig Daten zum Mitarbeiterengagement. Die Ergebnisse zeigen oft einen hohen Anteil an Mitarbeitenden, die nur eine geringe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber haben („Dienst nach Vorschrift“ oder „aktiv unengagiert“). Ein Mangel an sozialer Einbindung, Wertschätzung und guten Beziehungen zu Kolleg:innen und Vorgesetzten sind zentrale Treiber für niedriges Engagement und können Gefühle der Isolation verstärken. Die Frage nach einem „besten Freund bei der Arbeit“ wird auch hier als wichtiger Faktor für Wohlbefinden und Produktivität identifiziert.
  • Quelle: Gallup, Inc. (jährlich). Gallup Engagement Index Deutschland. (Ergebnisse werden oft in Pressemitteilungen und Berichten veröffentlicht)

 

Studien von Gewerkschaften und Stiftungen (z. B. Hans-Böckler-Stiftung)

  • Befund: Organisationen wie die Hans-Böckler-Stiftung untersuchen die Arbeitsqualität in Deutschland. Ihre Studien und Berichte thematisieren häufig Aspekte wie soziale Unterstützung, Betriebsklima und psychische Anforderungen. Forschung im Kontext von Digitalisierung und mobiler Arbeit beleuchtet auch neue Risiken für soziale Isolation.
  • Quelle: Hans-Böckler-Stiftung (diverse Studien und Working Papers zur Arbeitsqualität und psychischen Belastung, verfügbar auf der Website der Stiftung).

 

Forschung im Kontext der COVID-19-Pandemie

  • Befund: Zahlreiche Ad-hoc-Studien und Umfragen während der Pandemie untersuchten die Auswirkungen von Homeoffice und Kontaktbeschränkungen auf das Wohlbefinden von Arbeitnehmenden in Deutschland. Viele dieser Studien bestätigten erhöhte Gefühle von Isolation und eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit bei einem Teil der Belegschaft durch die veränderten Arbeitsbedingungen.
  • Quelle: Diverse Veröffentlichungen von Forschungsinstituten, Universitäten und Beratungsunternehmen aus den Jahren 2020 bis 2022.

Auch wenn der Begriff „Einsamkeit“ nicht immer der zentrale Messwert ist, belegen diese deutschen Quellen deutlich die Relevanz von sozialer Unterstützung, gutem Teamklima und psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz und zeigen auf, dass Defizite in diesen Bereichen weit verbreitet sind und zu Belastungen und dem Gefühl der Isolation führen können.

Wer Sicherheit will, muss sie gestalten.

Zukunftsängste verschwinden nicht von allein. Sie fordern uns heraus – als Führungskräfte, als Organisationen, als Gesellschaft. Wer heute verantwortungsvoll führen will, braucht mehr als Strategien: Es braucht Haltung, Mut zum Dialog und die Bereitschaft, Strukturen zu verändern.

SEQUOYA ist Partnerin für Organisationen, die es ernst meinen.

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