Angst vor Verhandlungen – was tun?

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Eine Verhandlung ist ein Prozess, bei dem zwei Parteien nach einer Lösung für ein gemeinsames Problem suchen, mit der alle möglichst zufrieden sind. Vielen Menschen macht diese Situation Angst. Wir gehen den Gründen für diese Angst vor Verhandlungen nach und verraten unsere besten Tipps, damit gut umzugehen.

Das ganze Leben besteht aus Verhandlungen: Wer kauft das gemeinsame Geburtstagsgeschenk? Welchen Film gucken wir heute Abend? Wer weicht wem auf dem Gehweg aus?

Auch unser Arbeitsleben wird dauerhaft von Verhandlungen begleitet: Sie wollen mehr Gehalt, einen zusätzlichen Homeoffice-Tag oder dass ihr Arbeitgeber Ihnen eine bestimmte Fortbildung bezahlt. An all das kommen Sie nur, wenn Sie vorher in eine Verhandlung mit Ihrer Chefin oder Ihrem Chef gehen. Leichter gesagt als getan, oder? Immer wieder nehmen Sie sich vor, Ihre Wünsche bei Ihren Vorgesetzten anzusprechen  – und im letzten Moment wollen die Worte einfach nicht aus Ihrem Mund raus.

Wenn Ihnen diese Situation bekannt vorkommt, sind Sie in bester Gesellschaft. Viele Menschen tun sich schwer in Verhandlungssituationen oder haben regelrecht Angst davor. Das liegt an den besonderen psychologischen Herausforderungen, die eine solche Situation birgt. Wir haben für Sie die psychologischen Besonderheiten einer Verhandlungssituation auseinander genommen und verraten Ihnen unsere beiden besten Soforthilfe-Maßnahmen, wenn das Herz vor einem Termin mal wieder vor Angst rast.

Woher kommt eigentlich die Angst vor Verhandlungen? Und wäre es nicht für alle das Beste, wenn Verhandlungen einfach ganz sachlich ablaufen würden? Oder sollen Emotionen mit an den Verhandlungstisch? Auch diese Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

Gefühle am Arbeitsplatz. Ein komplexes Thema, deswegen haben wir dazu eine ganze Reihe Blogartikel unter dem Motto: "Gute Arbeit - mit Gefühl".

Inhalt

Was ist eine Verhandlung aus psychologischer Sicht?

Psychologisch gesehen ist eine Verhandlung ein sozialer Prozess, bei dem zwei oder mehr Parteien miteinander interagieren, um eine Vereinbarung oder eine Lösung für ein Problem zu finden. In der Regel haben die Verhandlungsparteien zu Beginn unterschiedliche Interessen, Bedürfnisse oder Ziele, diese sie gern durchsetzen möchten. In dem Prozess der Annährung und der Lösungsfindung spielen verschiedene psychologische Faktoren eine wichtige Rolle:

  • Kommunikation
    Die Art und Weise, wie die Parteien miteinander kommunizieren, beeinflusst stark den Verlauf der Verhandlung. Dabei gibt es zwei Dimensionen: was und wie. Das „Was“ ist der eigentliche Verhandlungsgegenstand: Was ist den Beteiligten wichtig? Und welche Motive stecken dahinter? Das „Wie“ ist die Art und Weise, wie diese Inhalte präsentiert werden. 90 Prozent der menschlichen Kommunikation laufen nonverbal ab – wer andere überzeugen will, sollte auf eine unterstützende Körpersprache achten.
  • Emotion
    Ärger, Frust, Freude, Angst und andere Emotionen können das Verhalten und die Entscheidungsfindung der Beteiligten beeinflussen. Es geht nicht darum, Emotionen zu unterdrücken, das wäre kontraproduktiv. Sondern darum, einen guten Umgang damit zu finden. Wer gut mit Emotionen umgehen kann – sowohl mit den eigenen als auch mit denen des Gegenübers – hat einen entscheidenden Vorteil in Verhandlungen.
  • Beziehung
    Eine gute Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien ist die Basis für die gemeinsame Lösung. Dazu ist es wichtig, dass die andere Seite Ihre Empathie spürt. Auf diese Weise eliminieren Sie den Verdacht, die andere Partei über den Tisch ziehen zu wollen. Wenn es Ihnen gelingt, für einen kurzen Moment die Perspektive zu wechseln, um die Motive der anderen Seite nachzuvollziehen, dann hat eine Verhandlung gute Chancen auf einen Abschluss, mit dem alle zufrieden sind.

Zwei Sofortmaßnahmen bei Angst vor Verhandlungen

Was ist das Schlimmste, das passieren könnte?

Plan A: Sie könnten ganz bewusst das logische Denken einschalten. Wenn wir Angst haben, haben wir einen Tunnelblick und nehmen nichts anderes mehr wahr als die (vermeintliche) Gefahr. Unser Gehirn ist im Überlebensmodus. Zum Glück geht es bei Verhandlungen im Büroalltag eher nicht um Leben und Tod.

Es hilft also innezuhalten, ein paar tiefe Atemzüge zu nehmen und sich selbst zu fragen „Was könnte im schlimmsten Fall passieren?“ Stellen wir uns diese Frage, kommen wir ganz häufig zu dem Ergebnis: Nichts Tragisches. Im schlimmsten Fall bleibt vielleicht alles nur so, wie es jetzt gerade ist. Und selbst das ist sogar ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass wir etwas bewegen können, sobald wir uns bewegen.

Der Angst auf der Spur

Plan B: Nehmen Sie Ihre Angst vor der Verhandlung als hilfreiches Signal an und beschäftigen Sie sich mit ihr. Fragen Sie sich im Vorfeld eines Termins selbst:

  • Was genau ist es eigentlich, was ich empfinde? Ist das wirklich Angst – oder etwas anderes?
  • Wenn es Angst ist: Wovor genau habe ich Angst? Angst vor Ablehnung, Angst vor Fehlern, Angst, mich lächerlich zu machen, etwas ganz anderes?
  • Was hindert mich daran, meine Interessen selbstbewusst zu vertreten? Worum geht es hier wirklich?

Wenn Sie jetzt eine Idee davon haben, was genau Ihnen eigentlich Angst macht, dann überlegen Sie: „Was könnte mir im Umgang mit der Angst helfen?“ Vielleicht hilft es, die Situation zur Probe in einem Rollenspiel zu üben. Oder eine bestimmte Person zur Begleitung mitzunehmen. Oder, allgemein gefragt: Was könnten Sie in der Vorbereitung anders machen als sonst?

Die sieben häufigsten Ursachen für Angst vor Verhandlungen

Sehr viele Menschen fühlen sich unwohl dabei, ihre eigenen Bedürfnisse selbstbewusst zu vertreten und haben oft sogar richtig Angst vor Verhandlungssituationen. Das lässt sich auf verschiedene psychologische, emotionale und soziale Faktoren zurückführen:

  1. Angst vor Ablehnung: Menschen befürchten, dass die andere Seite ablehnen könnte, was sie vorschlagen oder anbieten. Und dass sich diese Ablehnung dann nicht nur auf die Sache, sondern auch auf die persönliche Ebene auswirkt.
  2. Angst vor Konflikten: Die meisten Menschen mögen Harmonie und scheuen sich vor Konflikten. In einer Verhandlung treffen in der Regel zwei oder mehr Ansichten aufeinander. Die Befürchtung ist, dass es in einer Verhandlungen zu einer Konfrontationen kommt, die als unangenehm empfunden wird.
  3. Mangelndes Selbstvertrauen: Viele Menschen haben Scheu davor, für ihre Bedürfnisse einzustehen, weil ihr eigenes Selbstwertgefühl gering ist. Wer nicht selbst davon überzeugt ist, dass ihm oder ihr etwas Bestimmtes zusteht, wird die andere Seite nicht davon überzeugen können.
  4. Fehlende Erfahrung: Wer wenig Erfahrung in Verhandlungen hat, fühlt sich in solchen Gesprächen tendenziell unwohl.
  5. Unsicherheit: Eine Verhandlung ist eine soziale Situation mit unsicherem Ausgang. Diese Erkenntnis kann Angst auslösen.
  6. Furcht vor Fehlern: Eine häufige Befürchtung vor Verhandlungen ist es, eine schlechte Vereinbarung zu treffen – also eine mit negativen Folgen für die Zukunft. Der Gedanke kann stressig sein.
  7. Sozialer Druck: Manchmal geht es in Verhandlungen um Vereinbarungen, die Einfluss auf eine größere Gruppe haben. Der Druck von anderen, erfolgreich zu verhandeln, kann Angst verursachen.

Emotionen am Verhandlungstisch: ja oder nein?

Vielleicht haben Sie die letzte Verhandlung als unangenehm empfunden und sie für sich als Niederlage verbucht. Eine Situation, die wir einmal als negativ erlebt und so gespeichert haben, muss aber nicht zum Standard werden. Der bevorstehende Termin kann ganz anders verlaufen!

Wir könnten zum Beispiel das, was wir als Angst empfinden, anerkennen und für uns nutzen:

  • Es zeigt uns, dass wir uns aus unserer Komfortzone herausbewegen – ein gutes Zeichen für Veränderung!
  • Es hält uns wach und wachsam – so können wir offen sein für unseres Gegenübers.

Wir tun gut daran, unsere Emotionen vorab bewusst zu machen und auch auszubalancieren, um im Gleichgewicht bleiben zu können, wenn es drauf ankommt.

Seit Jahrzehnten gilt das sogenannte Harvard-Konzept als das Modell, um Win-Win-Situationen für beide Seiten des Verhandlungstisches zu erreichen. Erstes Prinzip des Konzepts: Zwischen den Menschen und der eigentlichen Sache zu trennen. Emotionen sollten also nicht mit dem eigentlichen Thema vermischt werden.

Die Kultur- und Politikwissenschaftlerin Sonja Andjelkovic hält dagegen. Sie sagt: Wenn wir unser Empfinden völlig ignorieren, verpassen wir Chancen. Aus ihrer Sicht können Emotionen Verhandlungen positiv beeinflussen, wenn sie erkannt und akzeptiert werden. Bin ich aufmerksam für mich und andere? Frage ich, wie es dem anderen geht und sage ich, wie es mir geht, stelle ich direkt eine Beziehung zu meinem Gegenüber her. Damit kann ich schnell die Grundlage für ein gutes Gespräch schaffen. Allerdings: Wenn wir uns in negative Gedanken hineinsteigern, hilft uns das für unsere Verhandlung nicht weiter.

Falls das für Sie zu gefühlsduselig für Verhandlungen im Arbeitsalltag klingen sollte, kommt hier noch ein wissenschaftlicher Fakt: Selbst in unserer leistungsorientierten Arbeitswelt führen „Fakten, Fakten, Fakten“ allein nicht unbedingt zum Ziel. Denn: Mit Zahlen und Daten allein lässt sich niemand überzeugen. Neueste Erkenntnisse aus der neurowissenschaftlichen Forschung dazu zeigen, dass jede (und zwar wirklich jede) Entscheidung emotional getroffen wird. Die Werbung macht es uns vor und setzt auf Emotionen für Kaufentscheidungen.

Wie Sie Ihre Verhandlungspartner:innen garantiert verblüffen

Emotionen unterscheiden uns Menschen von Maschinen. Warum also nicht auch das Menschliche ins Spiel und unsere Emotionen bei Verhandlungen auf den Tisch bringen? Warum nicht auch emotionale Bezüge zum Thema herstellen?

Wie entwaffnend könnte so ein Statement zu Beginn eines Meetings wirken: „Wissen Sie was? Ich hatte im Vorfeld richtig Angst vor diesem Termin und unseren Themen.“

Was meinen Sie – wird das ein gutes Gespräch oder nicht?

Unser Versprechen. Jede:r kann verhandeln lernen!

Verhandlungen sind fester Bestandteil des Arbeitslebens. Entweder in einem sehr formalen Setting wie ein Jahresgespräch oder einer Verhandlung zu einer Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. Oder informell – zum Beispiel, wenn Sie an der Kaffeemaschine Ihre Chefin treffen und die Chance nutzen, um ihr eine interessante Weiterbildung vorzustellen.

Verhandeln ist also eine entscheidende Fähigkeit im Berufsleben. Jede Fähigkeit ist lernbar – auch für Sie! SEQUOYA unterstützt Sie gern dabei, Ihr Verhandlungsgeschick in beruflichen Situationen weiterzuentwickeln.

Business-Coaching für besseres Verhandlungsgeschick

In unseren Business-Coachings unterstützen wir Sie in 1:1-Sitzungen dabei, sich auf spezielle Verhandlungssituationen vorzubereiten, einen guten Umgang mit möglichen Ängsten zu finden oder erarbeiten gemeinsam eine für Sie passende Strategie bei Verhandlungen.

Dieses Angebot richtet sich an Abteilungsleitungen, Teamleads und an Menschen, die eine Führungsrolle anstreben, an Projektleiter:innen und andere Angestellte mit Budgetverantwortung oder an Mitarbeitende im Vertrieb oder im Kundenservice. Außerdem an alle anderen, die sich wünschen, im Arbeitsleben besser für sich selbst und ihre Bedürfnisse einstehen zu können.

Inhouse-Training „Verhandlungstraining für den Arbeitsalltag“

In unserem Inhouse-Training „Verhandlungstraining für den Arbeitsalltag“ lernen Sie in einer kleinen Gruppe zusammen mit Kolleg:innen, was eine gute Verhandlung ausmacht. In dem ein- bis dreitägigen Training geht es um die Psychologie von Verhandlungen, optimale Vor- und Nachbereitung, Gesprächstechniken für Verhandlungsprozesse und um den Umgang mit schwierigen Verhandlungspartner:innen.

Zielgruppe: ein Führungsteam, ein Betriebsrats-Team, Teams aus dem Kundenservice oder andere Teams aus sozialen Einrichtungen, die direkten Kontakt mit Betroffenen haben.

Das Verhandlungstraining kann auch Teil eines Programms zur Talententwicklung von jungen Fachkräften in der Organisation oder im Unternehmen sein.

Fachartikel zum Thema „Angst vor Verhandlungen“

wenn Sie sich noch intensiver damit beschäftigen möchten, wie Sie mit Angst und anderen Gefühlen im Zusammenhang mit Verhandlungen umgehen können, empfehlen wir Ihnen diese Artikel aus der Zeitschrift managerSeminare

  • Sonja Andjelkovic: „Verhandlungen intuitiv und ergebnisorientiert gestalten“, Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2017. Dazu gibt es auch einen Beitrag in managerSeminare, Heft 235, Oktober 2017.
  • „Sieben Mythen über Furcht: Angst als Kompetenz“ beschreibt die Trainerin, Coach und Organisationsentwicklerin Tanja Gerold in ihrem Beitrag in managerSeminare, Heft 293, August 2022.
  • „Mit Sicherheit ängstlich“ – Die Managementberater Stefan Kaduk und Dirk Osmetz erklären, warum wir Angst zulassen sollen – und wie Angst und Sicherheit den öffentlichen Dienst lähmen. managerSeminare, Heft 273, Dezember 2020.