(Berufliche) Veränderungen verstehen

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Man being fired from his job

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In diesem Artikel stellen wir ein Schema vor, wie Veränderungsprozesse ablaufen. Das zu verstehen, kann Ihnen helfen, Ihre Situation zu verstehen und neue Handlungsmöglichkeiten zu entdecken.

Jeder hat es selbst schon einmal erlebt, jetzt erleben wir es alle kollektiv mit der Corona-Pandemie: Die Veränderung. Für manche ein Feind, für manche ein Freund. Einige haben gelernt, mit Veränderungen umzugehen und die Chance darin zu sehen, für andere ist es eine große Herausforderung.

Der Bereich der beruflichen Veränderung ist für viele besonders prekär, weil damit zu viel zusammenhängt. Oft bilden wir uns unsere Identität (auch) über den Beruf. Eine der wohl häufigsten Fragen, die neu kennengelernten Menschen gestellt wird, ist in Deutschland wohl „Und? Was machst Du so?“.
Gleichzeitig geht eine berufliche Veränderung an die Substanz, weil ganz existenzielle Fragen und Ängste auftauchen können: „Habe ich genug Geld?“ oder „Bin ich überhaupt gut genug?“. Wenn eine Veränderung so tiefgreifend für uns ist, ist es meistens besonders schwer, die Metaperspektive einzunehmen. Dafür kann ein Modell helfen. Es kann helfen, den eigenen Standpunkt zu bestimmen und neue Perspektiven einzunehmen.

Das Change-Management-Modell von Richard K. Streich - bezogen auf berufliche Neuorientierung:

1. Schock
Auch wenn wir Veränderung ahnen, so kommt die tatsächliche Veränderung (z. B. die Kündigung, der Stellenabbau oder die Entscheidung zu gehen) meistens als Überraschung. Damit ist sie zu Teilen unerwartet für unseren menschlichen Organismus und ein Schock. Dieser ist schwerwiegender, je stärker die Veränderung ist und je geringer die eigene wahrgenommene Kapazität zur Bewältigung dieser. Es ist klar, dass es nicht 100% so weiter gehen kann wie zuvor.
2. Verneinung

Auf den Schock folgt oft eine Verneinung des Geschehens und eine ablehnende Haltung. Man möchte die Veränderung nicht (wahr) haben. Jetzt werden Sätze laut wie „Das glaube ich jetzt nicht!“, „Das kann nicht sein!“ oder „Das können die doch nicht machen! Nicht mit mir!“ und „Ich schaffe das nicht“. Es kann auch gut passieren, dass sich jetzt Gruppen bilden von Menschen gegen die angekündigten Maßnahmen. All das ist auf der Angst vor dem Unbekannten begründet, auf der Angst, das Bekannte und gewohnte Strukturen zu verlieren.

3. (Rationale) Einsicht

In dieser Phase wird die Ratio mit an Bord geholt: Informationen werden bekannt, die Veränderungsgründe werden erläutert und Entscheider stehen Rede und Antwort. Im besten Fall sind diese Erklärungen dann nachvollziehbar und führen zur rationalen Einsicht der neuen Maßnahmen. Man versteht rational, warum eine berufliche Neuorientierung jetzt wichtig ist oder ansteht. Es wird oft erkannt, dass die Veränderung unvermeidbar oder auch notwendig ist. Dennoch werden Widerworte und Gegenargumente laut und tendenziell eher kurzfristige Lösungen gesucht.

4. (Emotionale) Akzeptanz

Jetzt kommt zu der rationalen Einsicht bezüglich der Veränderungen auch die emotionale Akzeptanz. Die Veränderung ist nicht mehr nur „da draußen“, sondern wird auch im eigenen Leben wahrgenommen. Das heißt, dass erkannt und akzeptiert wurde, dass man sich auch selbst ändern muss und sich etwas im eigenen Umfeld ändert. Dafür braucht es neue Kompetenzen und Verhaltensweisen, neue Prozesse müssen einstudiert werden. Und es bedeutet auch, vom Alten loszulassen. Erst einmal fühlt man sich dann dem gegenüber inkompetent und es kann die Angst auftauchen, es nicht zu schaffen. Besonders in dieser Phase kommen viele Coachees zu uns, um sich hier professionell begleiten zu lassen. Und das macht Sinn, denn oft weiß man gar nicht, wo man in dieser neuen Situation anfangen soll oder was jetzt gerade wichtig ist. Sich hier ausreichend Zeit zu gönnen und auch die Außenperspektive mit einzubeziehen, ist sehr sinnvoll.

5. Ausprobieren

Jetzt setzt das Lernen ein und man ist tendenziell neugierig. Man versucht, mit den neuen Anforderungen umzugehen und probiert neue Wege aus. Neue Stellen werden recherchiert, eine Weiterbildung begonnen, Bewerbungen geschrieben, etc. Teilweise gelingt das Neue, teilweise nicht – durch die Reflexion dessen lernt man. Dadurch gewinnt man wieder mehr Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und geht weitere Schritte bzw. probiert weitere Dinge aus. Außerdem wird in diesem Prozess immer klarer, was man wirklich will und braucht. Es ist eine Chance, noch mehr zu sich selbst zu finden.

6. Erkenntnis

Durch die neuen Handlungen und das Ausprobieren setzen Lerneffekte und Erkenntnisse ein – Erkenntnisse über die eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten, das Neue und die Auswirkungen der (beruflichen) Veränderung. Durch vermehrte neue Handlungen wächst die Selbstsicherheit weiter. Die Integration in den Alltag beginnt.

7. Integration

Durch die Selbstsicherheit und die Erfolge wird die Veränderung dann vollständig in den Alltag integriert und akzeptiert. Die Veränderung wird jetzt nicht mehr als solche wahrgenommen, sondern als Normalität und die neuen Prozesse und Verhaltensweise werden routinierter. Vielleicht sind Sie schon im neuen Job oder in der Weiterbildung, vielleicht haben Sie sich selbst neu erfunden oder ein neues Selbstverständnis gewonnen.

Wo stehen Sie gerade im Veränderungsprozess?


Wie könnte Ihnen dieses Modell helfen, den nächsten Schritt zu gehen?